Wenn es um Speisen und Getränke geht, kann es für viele nicht süß genug sein. Während über Jahrhunderte hinweg Honig das bevorzugte Süßungsmittel war, so fällt die Wahl heutzutage wohl eher auf handelsüblichen, raffinierten Zucker. Doch woher stammt das kristalline Lebensmittel und wie wurde es zu einem der ersten industriell hergestellten Welthandelsgüter?

Der Ursprung liegt im Zuckerrohr

Bereits vor über 10.000 Jahren gelangte das Zuckerrohr von der pazifischen Inselwelt Melanesiens über Neuguinea, auf die Philippinen und von dort aus schließlich nach Indien und Persien. Schnell erkannte man das Potenzial der Pflanze, sodass die Perser um 600 nach Christus eine bahnbrechende Methode der Zuckergewinnung entwickelten. Hierbei wurde der heiße Zuckerrohrsaft in ein umgedrehtes, kegelförmiges Gefäß gegeben. Durch ein Loch in der Spitze dieses Kegels konnte im Anschluss der nicht zuckerhaltige Sirup ablaufen, wodurch der zurückbleibende Zucker im Kegel auskristallisieren konnte. In der Folge wurde der Kegel umgedreht, wodurch der bis heute typische Zuckerhut zurückblieb.

Schon um 800 nach Christus breitete sich das Zuckerrohr mit den arabischen Eroberern weiter aus und wurde von da an auch in den besetzten Gebieten auf Sizilien, Malta oder sogar in Spanien angebaut. Im 11. Jahrhundert kehrten die Ritter mit dem süßen Lebensmittel im Gepäck von ihren Kreuzzügen aus dem Nahen Osten zurück, wodurch der Zucker auch in Mittel- und Nordeuropa bekannt wurde. Besonders unter den Königen und Fürsten erregte der Zucker rasch Aufsehen und wurde sehr schnell sehr beliebt. Diese Freude war jedoch vorerst nur dem Adel vorbehalten, da die Importware im Mittelalter nicht nur begehrt, sondern auch selten und teuer war.

Vom Zuckerrohr zur Zuckerrübe

Kurz nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus brachte man gegen Ende des 15. Jahrhunderts das Zuckerrohr in die Karibik, da die klimatischen Bedingungen dort nahezu perfekt schienen. Zügig entwickelte sich das süße Gold zum wichtigsten Gut der Kolonialzeit, sodass bereits 1503 erste Sklaven zur Arbeit auf den Zuckerrohrplantagen nach Lateinamerika gebracht wurden, um das europäische Verlangen nach Zucker befriedigen zu können. Infolgedessen entstand zwischen 1600 und 1700 der berüchtigte transatlantische Dreieckshandel. Europäische Schiffseigner tauschten diverse Waren gegen Menschen aus afrikanischen Ländern, die sie anschließend als Sklaven in Amerika verkauften. Die Schiffe kehrten mit gefragten Produkten aus den dortigen Kolonien nach Europa zurück, wozu auch der kostbare Rohrzucker zählte. Da die neuen kulinarischen Erfindungen wie kandierte Früchte, Marzipan, Limonade oder Pralinés sowie beliebte Heißgetränke wie beispielsweise Tee, Kaffee und Kakao mit Zucker gesüßt werden mussten, wurde der Zuckermarkt immer attraktiver. Die Zukunft des Zuckers aus Zuckerrohr schien gesichert.

Das sollte sich erst mit Napoleons Antwort auf die englische Blockade der Handelswege im Jahre 1806 ändern, als der französische General den Anbau von Zuckerrüben sowie deren Produktionsstätten im großen Stil veranlasste, nachdem der süße Bestandteil der Zuckerrübe vom deutschen Chemiker Marggraf 1747 entdeckt worden war. Erst Ende des 19. Jahrhunderts war Zucker für alle Bevölkerungsschichten erschwinglich, nachdem ausreichend Zuckerrüben angebaut und die europäische Zuckerindustrie etabliert werden konnte.

Bis heute wird der Bedarf an Zucker in Europa vor allem aus Zuckerrüben gestillt und ist aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken.